Weinberge

Die Wiege

Egon Müller
und der Scharzhofberg.

Ein Weinberg: Das ist immer ein kleiner Kosmos.

Was für Aussenstehende oft nur wie eine Aneinanderreihung von Rebstöcken aussieht, ist für den Winzer, dem der Weinberg gehört, und der in ihm arbeitet, vor allem die Pflege einer Vielzahl von individuellen Pflanzen, die Jahr für Jahr jene Trauben abliefern, die seinen Weinen individuellen Charakter geben. Und jeder Winzer weiß: Aus mittelmäßigen Trauben kann man nur mittelmäßige Weine keltern. 

Auf unserem Weingut Scharzhof gehen wir bei der Weinbereitung traditionell minimalistisch vor. Die Grundlage unserer Arbeit bleibt die Qualitätsphilosophie des verstorbenen Egon Müller III, der vor fünfzig Jahren schon das sagte, was heute wieder im Mittelpunkt der Önologie steht: „Die Qualität eines Weines entsteht zu 100 Prozent im Weinberg.“ Punkt! Aus! Basta! 


Das war nicht immer so, denn es gab seit den 1970er-Jahren eine Phase, in der man den Keller über den Weinberg stellte, da damals technische Methoden für die Kellerarbeit entwickelt wurden, die auch schlechte Jahrgänge zu besseren machen konnten und zudem die auch die Arbeit der Winzer erleichterten. Es wäre einfach, diese Phase im Weinbau generell schlechtzureden, denn sie war letztlich nur Ausdruck damaligen Glaubens an Fortschritt durch Technik. Heute wissen wir freilich, was die Winzer davor schon über Jahrhunderte wussten, nämlich, dass die Individualität der Weine mit jenen Trauben entsteht, die sich auf dem Hang und in den Parzellen individuell gepflegt zu ihrem Besten entwicklen dürfen.


Wir sind überzeugt, dass es die Qualität unserer Weinberge im Scharzhofberg und in der braunen Kupp ist, die uns erlaubt, die besten Trauben zu ernten. Und wir tun jedes Jahr unseren Teil dazu, dieses Potential voll auszuschöpfen.


Unsere Reben wurzeln natürlich auf dem an der Saar omnipräsenten Schiefer, dessen Salze den Geschmack der Saar-Rieslinge mit prägen. Im Westteil des Scharzhofberg ist dieser Schiefer stark verwittert, was die Wurzeln der Reben gut in die Tiefe schlagen lässt. Gegen Osten hin erhöht sich der Anteil des Quarzit, was den Weinen ein zusätzliches Geschmacksprofil gibt – es entsteht jene geschmackliche Vielfalt, die große Rieslinge ausmacht. In der braunen Kupp kommt zum Schiefer noch ein Gutteil Eisen dazu, was die Rieslinge hier selbstredend wieder anders und extrem individuell schmecken lässt. Vom Eisengehalt der Böden, übrigens, hat die braune Kupp ihren Namen.


Wir leben und arbeiten in und mit einem Kleinklima, das von der nordwestlichen Lage unseres Gebiets geprägt wird. Die Südhänge sind hier für die Reife der Trauben noch echt notwendig. Wir leben und arbeiten also immer auch am Rande des Möglichen.


Die Grundlagen für dieses Mögliche sind aber beständig. Und auch schnell aufgezählt:

Alte Reben, zum Teil sogar noch wurzelecht und aus dem 19. Jahrhundert stammend

Niedrige Erträge, die nie 60 Hektoliter pro Hektar übersteigen, meistens aber sogar nur bei 30 Hektoliter pro Hektar liegen.

Ein intensives Pflügen, bis zu sechs Mal im Jahr, das den Boden frisch und luftig hält.

Und ein sehr zurückhaltender Einsatz von Chemikalien. Keine chemischen Düngemittel, keine Herbizide, keine Insektizide und so wenig Fungizide wie möglich.



Unsere Weinberge, die Lagen und die Parzellen, waren schon da, als die Familie Müller noch nichts vom Weinbau wusste. Alleine das lässt uns demütig sein. Da braucht nicht viel, um zu erkennen, dass der Mensch nur Begleiter und Hüter seiner Anbauflächen ist. Und mit ihnen und nie gegen sie leben lernen muss.