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Und das ist keine kurze Geschichte, denn große Weingüter entstehen selten von heute auf morgen. Und selten auch geht alles ohne Reibung vonstatten. Denn Geschichte schreibt man im Großen selten selbst. Im Kleinen aber ist jeder sein eigener Geschichtsschreiber. So auch alle Egon Müller in dieser Geschichte.
Doch vor dem ersten Egon Müller war da ein gewisser Jean-Jacques Koch, der den Scharzhof 1797 von der Französischen Republik erwarb. Damit legte Koch den Grundstein für das Gut in seiner heutigen Form. Koch war Nutznießer der Säkularisierung, die nach 1794 erfolgte, als französische Revolutionstruppen Wiltingen und Kanzem besetzten. Mit den Franzosen und ihrer Revolution erfolgte auch die Enteignung der Kirche, die den Scharzhofberg über Jahrhunderte in ihren Besitz hielt. Nach den Winzern des Klosters St. Marien ad Martyres stand nun Jean-Jacques Koch in den Hängen des Scharzhofberg. Und sagte an, was hier geschehen sollte.
Nach Kochs Tod 1829 wurde das Weingut unter dessen sieben Kinder aufgeteilt. Kochs Tochter Elisabeth heiratete den aus Föhrenbach im Schwarzwald an die Saar zugewanderten Felix Müller, der Soldat in den napoleonischen Kriegen war. Weil ein paar weitere vererbte Weingärten und auch gekaufte Rebflächen dazukamen, verdoppelte sich der Besitz des Paares recht schnell, sodass beide einen ansehnlichen Weinbergsbesitz hinterließen. Das zu jener Zeit, als die Welt durstig wurde, als der Riesling von der Saar zum Exportschlager geriet.
Aber erst eine Heirat ließ das Weingut in die Vollen treten. 1887 heiratete der zweite Sohn von Felix und Elisabeth Müller, Egon Müller I, ein Mädchen namens Therese Tuckermann aus Köln. Und Thereses vermögendem Vater, Eduard Tuckermann, gefiel die Idee, den Weingut-Anteil von Egons Schwester Felicitas für 150.000 Goldmark zu erwerben - so wuchs die Fläche ein weiteres Mal. In den folgenden Jahren arbeiteten Therese Müller und Egon Müller I wie wild daran, den heutigen Ruf des Scharzhofs herzustellen, ein weltweites Renommee als Plan. Die Weinenthusiasten der Erde sollten lernen, wo sich dieser Scharzhofberg, von dem so großartige und feine Rieslinge kamen, überhaupt befindet.
So etwas geht nicht über Nacht. Doch es gab auf einmal, in dieser irren Zeit der Industrialisierung, neue Möglichkeiten, weltweit schnell bekannt zu werden. Und diese Möglichkeiten hatten mit der damals ersten Globalisierung der Weltgeschichte zu tun, deren schneller Lauf sich ab 1850 bei so genannten „Weltausstellungen“ präsentierte. 1900 feierte man die Weine des Scharzhofbergs und die Familie Müller bei der „Pariser Exposition Universelle et Internationale“. Die Weine waren dort angekommen, wo sie hingehörten – ganz oben.
Egon Müller I war ein langes Leben vergönnt. Nach seinem Tod, 1932, wurde das Weingut zwischen seinen Söhnen Egon und Felix geteilt. Felix suchte seinen eigenen Weg und schied so aus der gemeinsamen Geschichte aus.
Egon Müller II leitete das Weingut tragischerweise nur wenige Jahre. Am 12. Juli 1941 verunglückte er mit seinem Traktor im Weinberg tödlich. Seine Frau Elisabeth führte danach das Weingut mit Unterstützung ihrer beiden Töchter Marie-Therese und Marianne durch die schwierigen Kriegsjahre. Da es in dieser Zeit an allem mangelte, vor allem aber an Arbeitskräften und Dünger, verschlechterte sich der Zustand der Weinberge bis zum Ende des Krieges zusehends.
Am 15. August 1945 kehrte Egon Müller III, geboren 1919, aus englischer Kriegsgefangenschaft nach Hause zurück und machte sich nach dem ersten Bad gleich in die Weingärten des Scharzhofberg auf. Die erste Ernte, die er kurz darauf im Herbst einbrachte, verbuchte lediglich 1.200 Liter Riesling auf damals 7,4 Hektar Weinbergen.
Die Zeiten sollten aber besser werden, die Einnahmen auch, ja selbst der Export lief wieder so gut, dass Egon Müller III 1954 die Hälfte des benachbarten Weinguts der Familie Le Gallais kaufen konnte. Die andere Hälfte der 2,5 Hektar großen Weinberge in den Wiltinger Lagen „Kupp“ und „braune Kupp“ pachtete er.
Von 1985 bis 1991 führte Egon Müller III den Scharzhof zusammen mit seinem Sohn, der selbstredend wieder den Namen Egon trug. Egon Müller III blieb bis zu seinem Tode 2001 im Weingut aktiv, weil ein Weingut einem nie loslässt und man auch nicht von einem Weingut loslassen kann. Heute schreibt Egon Müller IV die Geschichte des Scharzhofs weiter. Eine Geschichte, von der man dann hier lesen wird - irgendwann, in den Jahren.
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